Humboldt Forum Berlin
Nachrichten von Fremden
Im Weltstudio des Berliner Humboldt Forums werden Besucherinnen und Besucher unterhaltsam, überraschend und unkonventionell dazu angeregt, sich über Berlin in der Welt und die Welt in Berlin auszutauschen und gemeinsam aktiv zu werden. Ein Ort für Workshops und Vermittlung, für spontanes Mitmachen und Verweilen. Und ein inklusiver Ort für alle.
Das Weltstudio prägen drei raumgreifende Elemente, die Methoden zum Erstellen von Karten neu erfahrbar machen und kritisch hinterfragen: Der Fadenkartograph, der Personenkartograph und der Kugelkartograph. Zusammen mit der Expertise einer Fokusgruppe haben wir inkl.Designer*innen dafür gesorgt, dass der Zugang zu diesem spannenden Experimentierfeld barrierefrei gestaltet ist.
So reicht der Kugelkartograph bis fast unter die Decke des Weltstudios. Was aussieht wie eine abenteuerlich gebaute Kugelbahn, ist zugleich ein Kartenarchiv. Hier hinterlassen Gäste Wegbeschreibungen zu ihren persönlichen Lieblingsorten. Das kann die beste Eisdiele in Neapel sein oder eine idyllische Bank am Spreeufer. Ist eine Kugel oben angekommen, stößt sie mit einem dunklen Plopp andere an. Schließlich fällt die Kugel, die schon am längsten in der Bahn liegt, herunter und man kann die Karte darin herausnehmen: der Geheimtipp eines oder einer anderen als einzigartiges Berlin-Souvenir. Da sind Tipps in chinesischen Schriftzeichen verborgen oder Orte, die in keinem „Lonely Planet“-Reiseführer stehen.
Damit die Botschaften im Kugelkartographen auch von Blinden versendet werden können, haben wir Prototypen entwickelt. Mithilfe von Stempeln, die auch mit Brailleschrift beschriftet sind und Schablonen mit besonderen Markierungen, können sich auch blinde Menschen am kreativen Austausch beteiligen. Zusätzlich gibt es eine Schreibmaschine mit besonderen Markierungen, die auch sehenden Menschen gute Dienste leistet und so ganz unkompliziert Brücken baut.
Im Raum finden sich auch weitere inklusive Angebote: An Webstühlen, den Fadenkartographen, lassen sich Assoziationen zur Stadt Berlin zu einem gemeinsamen Teppich verweben. In einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit sehbehinderten und blinden Menschen wurden Fäden und Stoffe ausgewählt, die sich spannend anfühlen. Die Handhabung der Webstühle wurde für nicht sehende Menschen optimiert. Begleitend gibt es eine Mappe mit Erläuterungen in Braille-Schrift.
Sämtliche Prototypen und Installationen wurden zusammen mit der Fokusgruppe getestet und weiterentwickelt, auch unter den schwierigen Bedingungen der Corona-Zeit. In Videokonferenzen und mithilfe von Audiodeskriptionen für die blinden Kolleginnen haben wir auch für unsere tägliche Arbeit viel Wertvolles lernen können.
Ein weiterer Bestandteil des inklusiven Mitmachangebots ist der Personenkartograph. Für sehende Menschen ist das ein riesiger Umriss eines Menschen, der kreativ ausgestaltet, bemalt und beschrieben werden kann.
Doch wie macht man dieses Angebot blinden Menschen zugänglich? Große Umrisse boten zu wenig Orientierung auf dem Plakat, also verkleinerten wir kurzerhand das Plakat und versahen es mit einem tastbaren Umriss. Auch weitere Orientierungspunkte wie Augen und Bauchnabel sind nun tastbar.
Mit verschiedenen Materialien wie Federn, Stoffen und Papieren entstanden in der Fokusgruppe so echte Kunstwerke, die im Weltstudio gezeigt werden.
Projektdetails
- Kunde: Humboldt Forum Berlin, Stadtmuseum Berlin
- Projektzeitraum: 2020 – 2021
- Beteiligte: Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin e.V.